Fischotter und Teichwirtschaft
Der Wert bewirtschafteter Teiche
Nutzung von Teichen durch den Otter
Unbestritten ist, dass der Fischotter in Teichwirtschaften Schäden anrichten kann. Die Bandbreite der Fischverluste reicht dabei von kaum merklichen Entnahmen bis hin zum Totalverlust. In einigen Fällen sind die wirtschaftlichen Schäden so hoch, dass es zu einer betrieblichen Schieflage kommt. Otter können der sprichwörtliche Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Teichwirtschaften haben aktuell mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. Ein einzelner Faktor, der noch „oben drauf“ kommt, kann somit sehr kritisch sein.
Probleme der Teichwirtschaft
Die Herausforderungen, denen sich die Teichwirtschaft gegenüber sieht, sind vielfältig: Klimawandel mit Wasserknappheit und erhöhten Temperaturen, erschwerte Genehmigungen für Wasserentnahme, Krankheiten, verändertes Verbraucherverhalten, erhöhte Energie- und Materialpreise, Einschränkungen in Naturschutzgebieten, Prädation durch verschiedene fischfressende Arten und Schwierigkeiten beim Finden von Personal oder Nachfolgern. Je nach Betriebsstruktur, -größe und Wirtschaftsweise sind die Herausforderungen unterschiedlich gelagert. Ein kleiner Forellenbetrieb hat andere Probleme als eine großflächige Karpfenteichwirtschaft.
Die angesprochenen Punkte können bis zu Betriebsaufgaben führen. In letzter Zeit wird der Fischotter häufiger als Grund für die Aufgabe der Bewirtschaftung genannt, wobei es oft schwierig ist, verschiedene Faktoren voneinander abzugrenzen.
Der Wert bewirtschafteter Teiche
Die Betriebsschließung mit Nutzungsaufgabe der Teiche ist aus kultureller und ökologischer Sicht als sehr kritisch zu bezeichnen. Teiche und vor allem große Teichgebiete sind in unserer Kulturlandschaft Ersatzbiotope für die fast überall verschwundenen Flussauen und demzufolge häufig Hotspots der Biodiversität. Amphibien, Reptilien, Vögel, Kleinsäuger, Insekten und auch ein ganze Reihe von wirtschaftlich eigentlich nicht interessanten Kleinfischarten profitieren in hohem Maß von traditionell bewirtschafteten Teichgebieten. Diese Vielfalt lässt sich nur durch dauerhafte Bewirtschaftung erhalten, da ansonsten die Verlandung droht. Weiterhin erfüllen Teiche wichtige Funktionen im Wasserhaushalt, sie bieten Wasserrückhalt in der Landschaft (besonders wichtig in Zeiten zunehmender Trockenperioden) und können auch hochwasserausgleichend wirken. Zudem sind sie wertvolle Erholungsgebiete für den Menschen. Nicht zuletzt werden in Teichwirtschaften hochwertige und regionale Lebensmittel erzeugt.
Die Herausforderung ist aktuell, einen Kompromiss zwischen dem Erhalt der Kulturlandschaft „Teich“ und dem Erhalt von Populationen wildlebender fischfressender Tierarten zu finden (die ebenso wie Fischarten ihren Platz und ihre Berechtigung im Ökosystem haben). Es ist wichtig, sich hier klarzumachen, dass es keine einfachen, allgemeingültigen und überall anwendbare Lösungen gibt und das Maßnahmen immer im Zusammenhang mit anderen Einflussfaktoren betrachtet werden müssen.
Es ist oft kaum möglich, den Anteil des Fischotters am Verlust von Fischen klar zu benennen. Es gibt eine Vielzahl an Studien, die die Nahrungsgewohnheiten des Otters in Teichgebieten untersuchen, alle kommen zu recht unterschiedlichen Ergebnissen, jedoch ist es eindeutig, dass keinesfalls nur wirtschaftlich interessante oder gar nur die großen Exemplare erbeutet werden. Der Anteil wirtschaftlich bedeutender Arten in der Otternahrung kann sehr unterschiedlich sein und ist abhängig von der Verfügbarkeit, der Verzahnung von Teichen mit Fließgewässern, der Größe und Tiefe von Teichen und der Jahreszeit. Auch von wirtschaftlich bedeutenden Arten wie dem Karpfen werden meist kleinere Exemplare gefressen, jedoch ist auch der Fang von großen Tieren dokumentiert. Dies ist besonders kritisch, wenn es sich z. B. um einen wertvollen Laichfischbestand handelt.
Muster in der Nutzung von Teichen durch Otter
Es gibt keine allgemeingültige Formel, welche Teiche besonders durch Otterprädation gefährdet sind, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass der Otter umso stärker eingreifen kann, je kleiner und flacher ein Teich ist, je besser er für den Otter erreichbar ist (z. B. durch benachbarte Fließgewässer), je dichter er besetzt ist, je ungestörter er ist und je geringer die alternativen Nahrungsquellen in der Umgebung sind. Dennoch gibt es auch kleine, kilometerweit vom nächsten Fließgewässer entfernte Einzelteiche mit Otterschäden und dicht besetzte, am Bach gelegene Teiche ohne Verluste.
Ausführliche Wildkamerauntersuchungen im Projekt „Fischotter-Modellregion Weiße Elster“ belegen zudem, dass sich Fischotter nicht wochenlang an einem Teich „festsetzen“ und diesen leerfressen. Unabhängig von der Besatzdichte und der Erreichbarkeit wurden Besuchsintervalle zwischen fast täglichen Besuchen, wöchentlichen Besuchen oder auch Abständen von mehreren Wochen bis Monaten festgestellt. Dennoch kam es an einigen wenigen Teichen auch zu an Totalverlust grenzenden Fischentnahmen.
Obwohl immer wieder davon berichtet wird, ist der so genannte „Tötungsrausch“, also das übermäßige Erbeuten von Fischen, die nicht gefressen werden, beim Fischotter nicht die Regel und kommt eher selten und nur unter besonderen Situationen (sehr dichter Fischbesatz, sehr kleiner Teich) vor. Da die Aufnahme einer Mahlzeit beim Fischotter begrenzt ist, kommt es natürlich bei größeren gefangenen Fischen vor, dass diese nicht aufgefressen werden. Es gibt jedoch Belege durch Wildkamerabeobachtungen, dass der Otter auch über 2-3 Tage diese Kadaver noch vollständig auffrisst, wenn sie nicht vorher durch andere Tiere (Waschbär, Fuchs, Ratten) genutzt werden. Es ist also ratsam, einen großen toten Fisch nicht zu entfernen, sondern ihn dem Otter weiterhin als Nahrung zur Verfügung zu stellen.
Ebenso können so genannte Sekundärschäden auftreten, die entstehen, wenn Fische z. B. in der Winterruhe durch jagende Fischotter gestört werden. Schürfungen, Schuppenverluste, Konditionsverluste und Abmagerung können die Folgen sein. Über die Relevanz und das Ausmaß dieser Effekte gibt es bisher jedoch kaum verlässliche Zahlen.
Vermuten Sie, dass der Fischotter an Ihrem Teich Schäden verursacht hat? Dann können Sie dies mit diesem Meldebogen dokumentieren. Die Meldung ist KEIN Antrag auf Schadenersatz! Ausgleichszahlungen gibt es bisher in Thüringen nicht, aber eine gute Dokumentation der Schäden kann helfen, Zahlungen zu etablieren.
Maßnahmen
Um Fischverluste an Teichen durch den Fischotter zu minimieren, ist die sicherste Maßnahme eine Einzäunung. Dies lässt sich jedoch nur an relativ kleinen Teichen verwirklichen. Kleine Gewässer sind allerdings auch diejenigen, an welchen die höchsten Verluste zu erwarten sind. Karpfenteiche, die mehrere Hektar Fläche umfassen, sind allein aufgrund der Größe weniger gefährdet und können selbstverständlich auch nicht eingezäunt werden. Einzäunungen können schnell und wirkungsvoll Verluste verhindern, sind aber unter Umständen mit einem hohen Pflegeaufwand verbunden. Berufsfischer, die sowieso schon einen 12-16-Stunden Arbeitstag haben, können dies kaum noch zusätzlich leisten. Daher ist dies eher im Hobbybereich oder für nebengewerbliche Teichwirte denkbar. Aber auch für Berufsfischer ist eine gezielte Einzäunung von wenigen Teichen, z. B. mit wertvollen Laichfischen, unter Umständen sehr wirkungsvoll.
In Gebieten mit vielen gezäunten Teichen sinkt die Nahrungsverfügbarkeit für den Fischotter und es ist mittel- bis langfristig mit einem Rückgang der Fischotterdichte zu rechnen, da das Vorkommen des Wassermarders in hohem Maße nahrungsabhängig ist.
Die Vergrämung von Fischottern ist kaum untersucht und vermutlich keine dauerhaft wirksame Lösung. Der Marder erkennt sehr schnell, dass Licht- oder Toneffekte ihm nichts anhaben können, so dass derartige Systeme eher eine kurzzeitige Wirkung haben werden. Es wird berichtet, dass eine geruchliche Vergrämung unter Einsatz von Tierhaaren oder -kot eine gewisse Wirksamkeit hat. Dazu fehlen jedoch noch exakte wissenschaftliche Untersuchungen. Auch wiederholte Störungen, z. B. durch Spaziergänger mit Hunden führen eher zu einer Verlagerung der Aktivitäten als zu einem echten Abschreckungseffekt. Als wirksam hat sich die Haltung von Schafen am Teichrand erwiesen, aber hier ist die Abschreckung eher auf den Stromzaun zurückzuführen.
In verschiedenen Bundesländern werden Ausgleichszahlungen zumindest für einen Teil der durch den Fischotter verursachten Schäden in Teichbetreiben gezahlt. Dies kann den wirtschaftlichen Verlust ein Stück weit abfedern, jedoch meist nicht in voller Höhe. Andere Ansätze zahlen eine Flächenprämie im Voraus, die eine extensive Bewirtschaftung und die Duldung bestimmter Prädatoren als Auflage hat. Auch die Förderung der Einzäunung ist ein finanzielles Mittel. Der tatsächliche Schaden durch Prädatoren oder der Aufwand bspw. für Zaunbau und Unterhalt (!) kann dadurch jedoch kaum vollumfänglich ausgeglichen werden. Hier ist vor allem die Politik gefragt, um ausreichende Mittel mit einem möglichst geringen bürokratischen Aufwand bereit zu stellen.
Die immer wieder propagierte letale Entnahme von Fischottern ist illegal, da der Otter nach wie vor durch eine Reihe von Gesetzen geschützt ist. Selbst wenn sich die Gesetzeslage ändert, gibt es bisher keinen wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit dieser Maßnahme für den Schutz von Fischbeständen. Sollte es daher irgendwann zu einer Entnahme von einzelnen Tieren kommen, wäre sowohl der Einfluss auf die Fischbestände als auch der Einfluss auf die Fischotterpopulation wissenschaftlich zu untersuchen. Hierfür wäre ein sehr gut durchdachtes und umfangreiches Untersuchungsdesign und eine mehrjährige Untersuchungsdauer notwendig.
Ausblick
Letztendlich ist der Fischotter nur ein Teil der Herausforderungen, denen sich die Teichwirtschaft stellen muss. Viele der Probleme sind sowohl auf geänderte klimatische als auch politische Voraussetzungen zurückzuführen. Ein „Weiter so wie bisher“ wird es, sowohl in der Teichwirtschaft als auch im Naturschutz, nicht mehr geben. Letztendlich ist auch die Gesellschaft aufgefordert, die Umweltleistungen der Teichwirtschaft vollumfänglich anzuerkennen und entsprechend (finanziell) zu honorieren. Eine Entlastung der Probleme mit Prädatoren wird es auf lange Sicht nur geben, wenn die Fließgewässer in einen Zustand versetzt werden, der einen gesunden und artenreichen Fischbestand ermöglicht.