Aktuell wird viel über den Konflikt mit dem Fischotter diskutiert. Die einzelnen Standpunkte dazu werden oft vehement und teils polemisch vertreten. Zeitungsüberschriften wie „Sargnagel der Fischerei“, „unersättlicher Räuber“, „Koi-Killer“ zeigen, dass es nicht immer eine sachliche Auseinandersetzung ist.
Worum geht es in diesem Konflikt überhaupt und welche Möglichkeiten gibt es, mit ihm umzugehen? Gleich vorab: Es gibt leider keine einfachen Lösungen.
2 Fakten stehen fest:
- Der Fischotter kann beträchtliche Schäden an Teichwirtschaften verursachen.
- Der Fischotter steht unter europäischem und deutschem Schutz.
Und aus diesen beiden Fakten ergibt sich der Konflikt. Im eigentlichen Sinne ist es nämlich kein Konflikt zwischen einem Wildtier und dem Menschen, sondern ein Konflikt zwischen verschiedenen menschlichen Interessengruppen: der Gruppe der Geschädigten und der Gruppe der Artschützer. Diesem Umstand muss man sich bewusst sein, wenn ein wirksames Konfliktmanagement installiert werden soll.
Ein durch Wildtiere hervorgerufener Konflikt hat mehrere Ebenen. Gleich einem Eisberg ist meist nur die oberste Ebene (z. B. der Verlust an Fischen) sichtbar. Weitaus mehr Konfliktpotenzial liegt unter der Oberfläche.
Im Falle des Fischotter-Konfliktes sind dies auf dem ersten Level vor allem Fischschäden, somit Einkommenseinbußen und ein Gefühl des Sicherheitsverlustes. Auf der zweiten Ebene erhöht sich die Frustration, weil befürchtet wird, dass man, wie vielleicht bereits in anderen Problembereichen (z. B. beim Kormoran), allein gelassen wird. Es entwickelt sich eine Abneigung gegen die Art, was jedoch eigentlich eher einer Abneigung gegenüber den Befürwortern der Art gleichkommt. In der Ebene des tief verwurzelten Konfliktes überwiegen stark negative Einstellungen, die vor allem auf einer Gefährdung der sozialen Identität und des Wertesystems verankert sind. Andere Interessengruppen werden nicht mehr angehört oder auch gezielt herabgewürdigt, eine Kooperation oder auch nur Kommunikation scheint nicht mehr möglich.
Diese Merkmale der Konfliktebenen werden übrigens nicht nur einseitig auf der Seite der durch Schaden Betroffenen gezeigt, sondern auch auf der (vermeintlichen) Gegenseite der “Schützer” sind Polemik und polarisierende Sichtweisen zu beobachten.
Um einen Konflikt wirksam bearbeiten zu können, ist es wichtig zu wissen, auf wie vielen Ebenen er sich ausdrückt. Denn je nach Ausprägung sind andere Instrumente nötig. Ein Konflikt ist nie so einfach, wie er anfangs erscheint und die Ebene 3 ist schnell erreicht.
So geht es beim Thema Fischotter scheinbar erst einmal nur um den Verlust von Fischen, aber darunter liegen Probleme wie z. B. die fehlender Einbeziehung relevanter Interessengruppen in eine Lösungsfindung und die fehlende Wertschätzung gesamtgesellschaftlicher Leistungen (z. B. die Bedeutung von Teichen für die Biodiversität und die Erholung).
Die Ebenen des Konfliktes, Prinzipien, die bei der Bearbeitung beachtet werden müssen und mögliche Lösungsansätze sind gut beschrieben in der Veröffentlichung der IUCN: “IUCN SSC guidelines on human-wildlife-conflict and coexistence” (2023).
Letztendlich ist die erste und wichtigste Maßnahme die Kommunikation und der Dialog mit allen betroffenen Interessengruppen. Das sind im Falle des Fischotters nicht nur Teichwirte und Naturschützer, sondern auch Angelverbände, Wissenschaftler, Behörden, Umweltverbände und Medien. Ein konstruktiver, wertschätzender und offener Umgang aller Beteiligten miteinander ist von höchster Bedeutung. Die folgende Chreckliste sollte ungefähr eingehalten werden:
- Beteilige alle Interessensgruppen
- Beachte sozio-ökonomische, historische und kulturelle Hintergründe
- Finde Lösungen im Konsenz und gemeinsam
- Entscheide auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse
- Führe Erfolgskontrollen durch
- Passe Maßnahmen stetig dynamisch an
Wichtig ist es zudem, Erfahrungen mit anderen Gruppen auszutauschen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein Konflikt immer vor Ort unter den jeweiligen Bedingungen bearbeitet werden muss. Die Übertragbarkeit von Ergebnissen anderer Gruppen kann möglich sein, ist es jedoch nicht immer.